
Immer mehr Menschen wollen sich den Traum der eigenen vier Wände erfüllen. Vor wenigen Jahren herrschte noch die Angst vor teuren Krediten und der Tatsache, die monatlichen Raten irgendwann nicht mehr bedienen zu können. Heute sieht die Sache anders aus – da die Kredite so günstig wie noch nie sind, verwirklichen sich immer mehr Menschen den Traum eines eigenen Hauses. Ob Massiv- oder Fertighaus – die niedrigen Zinsen sorgen dafür, dass immer mehr Deutsche zu Eigenheimbesitzer mutieren. Doch wie gefährlich sind die Niedrigzinsen tatsächlich? Unterschätzen die Deutschen die günstigen Kredite oder ist das Risiko derart gering, dass man sich die Chance gar nicht entgehen lassen darf? Schlussendlich lag der Zinssatz vor einigen Jahren noch bei rund 5 Prozent – heute gibt es Baufinanzierungen, die mit einem Zinssatz von 1,0 Prozent angeboten werden.
Warum bieten die Banken derart günstige Finanzierungen an?
Dass es überhaupt so günstige Kredite gibt, muss am Ende der Europäischen Zentralbank verdankt werden. Schon seit Jahren befindet sich der Europäische Leitzinssatz auf einem Rekordtief – derzeit liegt der Zinssatz bei unglaublichen 0,0 Prozent. Mario Draghi, der Vorsitzende der Europäischen Zentralbank, machte zudem auch kein Geheimnis daraus, dass er “noch keine Zinssatzerhöhung” plane. Bedeutet im Umkehrschluss? Die Zinsen bleiben – zumindest noch für eine bestimmte Zeit – niedrig. Das wirkt sich natürlich auf die Kredite aus. Die 1,0 Prozent, die viele Banken in Rechnung stellen, decken am Ende nur die Bankkosten ab. Wer sich für ein zehnjähriges Baugeld entscheidet, dem wird heute ein Zinssatz zwischen 1,0 und 1,5 Prozent angeboten. Doch zehn Jahre sind – vor allem für eine Baufinanzierung – eine sehr kurze Zeit. In vielen Fällen muss der Kreditnehmer eine Anschlussfinanzierung aufnehmen. Bleiben die Zinsen auf dem aktuellen Niveau, so müssen sich die Kreditnehmer keine Sorgen machen. Steigen die Zinsen jedoch wieder an, so kann die Anschlussfinanzierung wesentlich teurer als der erste Kredit werden. Aufgrund der Tatsache, dass der Leitzinssatz schon seit geraumer Zeit bei 0,0 Prozent liegt, muss davon ausgegangen werden, dass der Zinssatz in zehn Jahren höher ist. Selbst dann, wenn der Leitzinssatz nach zehn Jahren nur bei 2,0 Prozent liegen würde, müssten die Kreditnehmer deutlich tiefer in die Tasche greifen, wenn sie eine Anschlussfinanzierung benötigen. Die Kosten, die also in weiterer Folge möglich sind, dürfen somit nicht unterschätzt werden. Fakt ist: Kreditnehmer, die der Meinung sind, dass die niedrigen Monatsraten für immer erhalten bleiben, werden mitunter finanzielle Schwierigkeiten bekommen, sofern sie die steigenden Zinskosten nicht kalkuliert haben. Damit derartige Zinsrisiken ausgeschlossen werden können, sollte der Kreditnehmer einen langfristigen Finanzplan erstellen. Derartige Pläne sind dann empfehlenswert, wenn die Zinsen – so wie schon seit Jahren – niedrig sind.
Kreditnehmer sollten auf den Tilgungsanteil achten
In Deutschland sind die meisten Baukredite sogenannte Annuitätendarlehen. Das heißt, dass der Kreditnehmer eine feste Monatsrate begleichen muss. Die monatliche Kreditrate setzt sich aus einem Tilgungs- und Zinsanteil zusammen. Bei gleichem Tilgungssatz und gleicher Kreditsumme heißt das, dass sinkende Zinsen dafür sorgen, dass auch die Monatsrate günstiger wird. Der Nachteil? Steigt der Zins, so steigt auch die monatliche Kreditrate. Wer sich für ein Fertighaus entscheidet und eine Finanzierung in der Höhe von 100.000 Euro benötigt, muss zu Beginn damit rechnen, dass der Tilgungsanteil bei 2 Prozent/Jahr liegt. Das sind 2.000 Euro/Jahr. Liegt der Zinssatz bei 1,0 Prozent, so kommen weitere 1.000 Euro/Jahr hinzu. Am Ende ergibt sich eine jährliche Rückzahlungsvorschreibung von 3.000 Euro/Jahr – die monatliche Rate würde 250 Euro betragen. Steigt der Zinssatz auf 3,0 Prozent an, würde die monatliche Rate 416 Euro betragen. Experten raten daher immer wieder zu einem höheren Tilgungsanteil. Da die Zinsbelastung derart gering ist, sollten sich die Kreditnehmer darauf konzentrieren, den Kredit schneller zu tilgen. Liegt der Tilgungsanteil bei 2 Prozent/Jahr, wäre der Kredit – unter Berücksichtigung einer Verzinsung von 1,0 Prozent – nach rund 33 Jahren getilgt. Entscheidet sich der Kreditnehmer für einen Tilgungsanteil von 5 Prozent, müsste er eine monatliche Rate von 500 Euro bezahlen, hätte die Finanzierung aber nach 16 Jahren getilgt. Je früher der Kredit abbezahlt ist, desto geringer ist das Zinsrisiko. Zu beachten ist, dass auch die Gesamtbelastung für die Finanzierung reduziert werden kann – je kürzer die Laufzeit, desto geringer sind die Zinsbelastungen.
Es gibt keine Garantie, dass die Kreditraten für immer niedrig bleiben
Heutzutage gibt es derart günstige Kredite, sodass es wohl keine Überraschung mehr ist, dass sich immer mehr Menschen für ein Eigenheim entscheiden. Problematisch ist jedoch der Umstand, dass sich viele Kreditnehmer von den günstigen Monatsraten täuschen lassen. Auch wenn der Europäische Leitzinssatz so niedrig wie noch nie ist, bedeutet das noch lange nicht, dass er auch auf diesem Niveau bleibt. Die zukünftigen Eigenheimbesitzer sollten sich also die Frage stellen, ob sie auch steigende Kosten tragen könnten, sofern der Zinssatz wieder angehoben wird. Natürlich können sich die Kreditnehmer auch für einen Fixzinssatz entscheiden – in diesem Fall bleibt der Zins unverändert. Entscheidet sich der Kreditnehmer für eine fixe Verzinsung, so kann er sich – je nach Laufzeit – sicher sein, dass sich die monatlichen Raten nicht verändern werden. Problematisch ist hingegen die Tatsache, dass eine vorzeitige Tilgung nicht zum gewünschten Erfolg führt. Hat sich der Kreditnehmer nämlich für einen Fixzinssatz entschieden, so muss er im Falle der vorzeitigen Tilgung auch die noch anfallenden Zinsgebühren begleichen. Dieser Umstand spielt jedoch keine Rolle, wenn sich der Kreditnehmer für einen variablen Zinssatz entschieden hat.
Eigenheimbesitzer müssen auch die Schattenseiten berücksichtigen
All jene, die einen Kredit aufgenommen haben oder noch mit dem Gedanken spielen, sich ein Haus zu kaufen oder bauen zu lassen, sollten nicht nur die Vorteile einer Niedrigzinsphase berücksichtigen. Auch wenn die monatlichen Kreditraten so günstig wie noch nie sind, bedeutet das noch lange nicht, dass diese auch in den kommenden Jahren so günstig bleiben.