Entwicklung des Fertighauses

Entwicklung des Hauses mittels VR

 

 

Die Menschheitsgeschichte wäre wohl kaum erzählbar, wären die Jäger und Sammler im Laufe der Jahrtausende nicht sesshaft geworden. Der Ursprung der modernen Zivilisation findet sich in der Geschichte des Hausbauens wieder. So beinhaltet die Geschichte des Fertighauses Aspekte von Handwerk, Architektur und Kultur. Das fertige Haus hat somit – anders als oft angenommen wird – eine vielfältige sowie lange Geschichte aufzuweisen.

 

 

 

Geniale Ideen zu Fertighäusern

Die Menschheit begleitet das Bauen mit Fertigteilen schon sehr lange. Erste Zeugnisse stammen von den alten Herrschern am Nil. Die fertigen Bauteile transportierten die Ägypter über den großen Strom zu den antiken Baustellen, um sie dort zu montieren. Eine japanische Quelle des 12. Jahrhunderts n. Chr. überliefert ebenfalls den Einsatz von handwerklich vorgefertigten Holzbauten. So konnte eine Holzhütte zerlegt und auf Handkarren transportiert werden. Weltausstellungen trugen bereits im 19. Jahrhundert maßgeblich dazu bei, um hervorragende Ideen und Visionen weltweit zu verbreiten. Im Jahre 1973 wurde in Wien eine kleine Sensation vorgestellt, und zwar der älteste Fertigbau Österreichs. Das famose Gasthaus „Radwirt“ wurde nach der Weltausstellung in die Steiermark transportiert und es steht noch heute in Veitsch. Die Weltausstellung in Paris schon im Jahre 1900 präsentierte der Weltöffentlichkeit das sogenannte „Norwegische Holzhaus“. Das Fertighaus wurde vom Freiherrn von der Heydt nach der Ausstellung nach Deutschland gebracht, wo es heute noch steht, und zwar unter Denkmalschutz. Für die deutsche Architekturgeschichte markiert dieser Fertigbau bis heute einen unverzichtbaren Meilenstein.

 

Das Hochmittelalter und der Fertigbau

Gewiefte und geschickte Baumeister haben sich bereits in der Blütezeit des Minnesangs auf die Herstellung von Fachwerkhäusern spezialisiert. Die Ableitung zu den heute bekannten Fertighauskonstruktionen bezieht sich darauf, dass schon damals Holzgerüste für den Wändebau vorgefertigt wurden. Die Namen dieser Baumeister sind nicht überliefert und doch haben sie mit ihren Handwerkern die richtigen Weichen gelegt. So haben die Baumeister im Hochmittelalter, passend für das entsprechende Fundament, die genau dimensionierten Balken vorgeschnitten und dann von der Werkstatt zur Baustelle befördert.

 

Das veränderbare Haus und das Genie aus Vinci

Historisch betrachtet liegt ein Entwurf des Meisters Leonardo da Vinci aus dem Jahre 1494 vor, das dazu dienen sollte, ein Haus zu bauen. Dieses Fertighaus mit dem Namen „Casa Mutabile“ (übersetzt: wandelbares Haus) basiert auf einer grundlegenden Konstruktion, wobei vorgefertigte Holzbauteile am gewünschten Ort zusammengebaut werden können. Im 16. Jahrhundert erlebte der Bau mit vorgefertigten Bauteilen einen hohen Anklang und die Blütezeit erstreckte sich über weite Teile Europas.

Im deutschsprachigen Raum stehen als sogenannte Zeugnisse der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Baukunst noch viele Fachwerkhäuser. Diese herrlichen Häuser können sowohl historisch als auch technisch als Prototypen der modernen Fertighäuser angesehen werden.

 

Johannes Lange und Bad Ischl am Ende des 19. Jahrhunderts

Der deutsche Architekt Johannes Lange entwarf im Auftrag einer Aktiengesellschaft 1890 eine Villa. Das architektonische Versprechen lag, dem Plan entsprechend, darin, aus vorgefertigten Holzelementen eine Villa zu errichten, die jederzeit abgebaut und anderswo wieder aufgestellt werden kann. Dabei wurden weder eine Schraube noch ein Nagel benötigt, gezimmert wurde die Villa aus kanadischer Pechkiefer, einem sehr widerstandsfähigen und gut zu bearbeitendem Holz. Auf der Weltausstellung in Chicago im Jahre 1893 wurde die Villa als bislang einziger Prototyp der Fertighausbauweise vorgestellt. Oscar Blumenthal erwarb dieses Prachtstück von Haus und im März 1895 erreichte das in Kisten verpackte Kleinod den Bad Ischler Bahnhof. Die wertvolle Fracht wurde kurze Zeit später auf dem Grundstück Blumenthals aufgebaut. Ganz nahe des Ortsteiles Lauffen in Bad Ischl steht nun seit mehr als 120 Jahren die weltweit bekannte „Villa Blumenthal“.

 

Pragmatismus im Fertigbau

In den USA kam es dank enormer Einwanderungswellen um die vorletzte Jahrhundertwende zur ersten serienmäßigen Produktion von fertigen Häusern. Bäume gab es in der neuen Welt mehr als genug und so entstanden die ersten Blockhütten. Diese boten den Neuankömmlingen schnelle und günstige Wohnmöglichkeiten. Aus der Not eine Tugend zu machen, das liegt wohl in der Natur der Menschen. Auch im hohen Norden Europas wurde das Holz als Grundbaumaterial zur Schaffung einer standfesteren und größeren Möglichkeit zum Wohnen für die stetig wachsende Bevölkerung erfolgreich genutzt. Vor allem um 1900, in der Zeit des Goldrausches, stieg der Wohnbedarf im Westen Nordamerikas stark an. Dies führte zur regelrechten Massenproduktion von Fertighäusern, wobei in dieser Epoche ganze Häuserteile bereits nur mehr maschinell vorgefertigt wurden.

 

Die Entwicklung des Fertighauses im historischen Kontext

Knapp nach dem Ersten Weltkrieg beschäftigte sich Walter Gropius, der Gründer des Bauhauses, als Architekt mit dem Gedanken, die Bauindustrie konkret zu rationalisieren. Seine Idee des individuellen Bauens brachte den Stein ins Rollen. Ein vorgegebener Baukasten sollte zur Grundlage des Bauens dienen und die Überzeugung von Gropius trägt noch heute Früchte. Zur selben Zeit forschte ein weiterer deutsch-amerikanischer Architekt namens Konrad Wachsmann im Bereich Holzbau an einer verfeinerten Differenzierung. Beide verhalfen dem bis dahin als Notbehelf betrachtetem Fertighaus eine breitenwirksame architektonische Anerkennung. Zusammen gründeten Wachsmann und Gropius Ende der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts eine voll automatisierte Fabrik. In den Hallen wurden damals die ersten einzelnen Elemente professionell und erfolgreich zum Fertighausbau gefertigt. So bahnte sich der Weg von individuellen Haustypen zu Häusern für individuelle Typen. Der moderne Holzfertigbau wurde somit salonfähig gemacht.

 

Der revolutionäre Beginn einer industriell fertigenden Hausbauindustrie

Das Wirtschaftswunder im Rücken bot auch dem deutschen Fertigbau den nötigen Antrieb. So konnten sich viele Bürger den Traum erfüllen, ganz individuell ihr Eigenheim zu gestalten. Dank der damals vorherrschenden Typenhäuser wurden in der Nähe von Ballungszentren ganze Wohnanlagen neu besiedelt. In dieser Zeit setzt sich der Baustoff Holz durch, es konnten sich auf diese Weise immer mehr Menschen ein eigenes Haus leisten. Ein regelrechter Bauboom war die Folge, denn die Häuser in Fertigbauweise waren preisgünstig. Durch eine Qualitätsoffensive wollte sich die emporsteigende Branche nun endgültig vom schlechten Image der „Billigbauweise“ lösen.

Das Energiesparhaus bekam auch aufgrund der Ölkrise von 1970 einen deutlichen Aufschwung. Die drei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg wirkten sich auf den industriellen Fertigbau nachhaltig aus. Von Höhen und Tiefen wurde die Fertighausindustrie begleitet und geprägt. Heute profitieren die Branche und die Hausbauer von den damals gemachten Fehlern und den daraus gewonnenen Erkenntnissen und Erfahrungen.

 

Der Brückenschlag zum Heute

Der „Bundesverband Montagebau und Fertighäuser“ wurde 1961 gegründet und erhielt den heutigen Namen „Bundesverband Deutscher Fertigbau“ im Jahr 1988. Die Mitgliedsunternehmen sind seit der Gründungszeit verpflichtet, den vorgeschriebenen Qualitätsstandard einzuhalten und so konnte sich seit damals der moderne Fertigbau neben dem konventionellen Bau als eigene Branche entwickeln und etablieren.